- 16. Dezember 2023, 18 Uhr, Dettenhausen, Johanneskirche
J. S. Bach Weihnachtsoratorium 1-3 + O. Büsing „Schaut! Er kommt auf den Wolken“
Julika Birke, Sopran; Cordula Stepp, Alt; Andreas Weller, Tenor; Simon Amend, Baß
Barockorchester Fairy Queen
Schönbuch-Kantorei
Thomas Schäfer-Winter, Leitung - 17. Dezember 2023, 18 Uhr, Waldenbuch, St. Veit
J. S. Bach Weihnachtsoratorium 4-6 + O. Büsing „Schaut! Er kommt auf den Wolken“
Julika Birke, Sopran; Cordula Stepp, Alt; Andreas Weller, Tenor; Simon Amend, Baß
Barockorchester Fairy Queen
Schönbuch-Kantorei
Thomas Schäfer-Winter, Leitung
Das Weihnachtsoratorium, Bachs volkstümlichstes Werk innerhalb seiner geistlichen Vokalmusik, verdankt seine Berühmtheit in erster Linie der grandiosen Musik zur vertrauten Weihnachtsgeschichte und den eingestreuten bekannten Advents- und Weihnachtsliedern (W. Blankenburg). Jahr für Jahr erklingt es an vielen Orten in der Advents- und Weihnachtszeit oft routiniert und ist Teil weihnachtlicher Betriebsamkeit, häufig auch bloßer Konvention. Will man der Gefahr der Abnutzung und Verflachung nicht durch eine Schonzeit begegnen, stellt sich die Frage, ob und wie trotz berechtigten Unbehagens, Aufführungen die Kraft dieser Musik freizulegen im Stande sind und Ausführende und Zuhörende erreichen.
Im letzten Jahr haben wir Haydns Schöpfung mit einer Uraufführung konfrontiert und setzen diese Konzeption der Verbindung von Alt und Neu fort in der Hoffnung, vielleicht einen neuen Zugang zu dem fast überstrapazierten „Klassiker“ zu ermöglichen, dessen Musik und Text, so genial sie auch sein mögen, Ergänzung, Kommentierung, vielleicht auch Widerspruch herausfordern.
Wiederum ist es Otfried Büsing, der mit der 1997 entstandenen Komposition „Schaut! Er kommt auf den Wolken“ zum Bachschen Weihnachtsoratorium eine zeitgenössische Gegenüberstellung geschaffen hat. Das ca. elfminütige Werk – ein Solosopran, der in extreme Höhen geführt wird, 3 Trompeten, großes Schlagwerk und Orgel – wirft einen apokalyptisch-visionären Blick auf den wiederkommenden Christus als Weltenrichter und Erlöser, wie er in der Offenbarung des Johannes auftritt. Im Dialog mit dem Weihnachtsoratorium ergibt sich eine Koppelung von Schau der Wiederkunft und Rückblick auf die Geburt Jesu, eine kontrastierende Verbindung von Vision und Retrospektive (Büsing).
Die Aufteilung des ganzen Weihnachtsoratoriums auf 2 Konzerte ist nicht nur der Länge geschuldet. Die Teile 1-3 des ersten Konzerts umfassen die eigentliche Weihnachtsgeschichte nach Lukas 2 und ergeben ein geschlossenes Bild, in dem die Teile 1 und 3 korrespondieren und beide den Rahmen um Teil 2 bilden.
Für die Teile 4 – 6 im zweiten Konzert gilt das nicht in gleicher Weise. Teil 4 steht musikalisch für sich auch von der Besetzung der Rahmenchöre mit zwei Hörnern und der F-Dur-Tonart. Hingegen schließen die letzten Teile 5+6 mit der Geschichte der drei Weisen aus dem Morgenlande aus dem Matthäusevangelium wieder an die drei ersten Teile an. In beiden Aufführungen, am 16. und 17. Dezember, erklingt die Komposition von Otfried Büsing: im ersten Konzert gleich zu Beginn mit direkter Überleitung in den Bachschen Eingangschor „Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage“, im zweiten umgekehrt ganz am Ende nach dem letzten Rezitativ „Was will der Höllen Schrecken nun“ und vor dem festlichen Schlußchoral mit Trompeten und Pauken. Mit dieser quasi symmetrischen Anordnung ist das zeitgenössische Stück am zweiten Abend nicht einfach nur Wiederholung, sondern steht an dieser Stelle als prophetischer, eschatologischer Blick, gefolgt vom Blick zurück zum Jetzt, zum Fest von Christi Geburt, während im ersten Konzert der visionäre Blick „Schaut! Er kommt auf den Wolken“ umgekehrt den weihnachtlichen Horizont unmittelbar aufbricht.